Latte Art und Landliebe

Benita und Michael kamen vor zweieinhalb Jahren aus Dortmund ins Sauerland – genauer gesagt nach Arnsberg-Rumbeck – und eröffneten dort ein Café mit angeschlossener Druckerei. Eine mutige Entscheidung, denn so ein urbanes, modernes Konzept in einer ländlichen Region wie dem Sauerland umzusetzen, ist natürlich nie ohne Risiko. Wollen die Leute hier sowas überhaupt?

Die Idee eines eigenen Cafés schwirrte Benita, die aus der Gastro kommt, schon lange im Hinterkopf. Als sie und Michael dann durch ihre Sauerländer Freunde auf eine leerstehende Scheune in Rumbeck aufmerksam gemacht wurden, war der Moment endlich gekommen. Eine Nacht wurde drüber geschlafen, dann zugesagt, ein Businessplan geschrieben: die Finanzierung stand – und dann gab es kein Zurück mehr.

Natürlich war es ein Sprung ins kalte Wasser. Die beiden wussten nicht, ob ihr Konzept im Sauerland ankommen würde. Doch gerade Benitas spontane Herangehensweise erwies sich im Nachhinein als genau richtig: Hätte sie sich ausgemalt, was alles hätte schiefgehen können, und wie viele Hürden gemeistert werden müssen, sie hätte es vielleicht gar nicht erst versucht.

Konvent Koffee heißt das Café in der alten Scheune in Rumbeck nun. Der Fokus liegt auf Speciality Coffee – richtig gute Bohnen, Siebträgermaschine, Latte Art. Dazu gibt’s ein Frühstücksangebot, das auch in Berlin, München oder Hamburg funktionieren würde. Statt Standardbrötchen mit abgepackter Butter gibt es moderne Brunch Kreationen gepaart mit Ommas klassischen Kuchen, die nicht nur gut schmecken, sondern auch optisch was hermachen. Denn, wie wir alle wissen: Das Auge isst mit – davon können sich auch die Sauerländer nicht freisprechen.

Doch neben dem kulinarischen Aspekt und dem Gemütlichkeitsfaktor, gibt es noch ein weiteres Highlight: In der angeschlossenen Werkstatt arbeitet Michael mit alten Buchdruckmaschinen und bietet Workshops an. Die Teilnehmer können dort eigene Plakate oder Karten gestalten – vom Setzen bis zum Drucken machen sie alles selbst – und das kommt gut an.

Die beiden mussten jedoch schnell feststellen, dass die Sauerländer anders ticken als die Dortmunder. Es ist insgesamt vielleicht ein bisschen weniger bunt und vielfältig als das, was sie aus der großen Stadt kannten. Die Menschen sind jedoch sehr hilfsbereit und nett und einem besonders guten Kaffee nicht abgeneigt. Anfangs waren es vor allem ältere Gäste, die neugierig hereinschauten. Mittlerweile zieht das Café auch jüngere Besucher und Familien aus der Umgebung an. Selten ist es Laufkundschaft wie das in der Großstadt der Fall wäre. Manchmal verirren sich Wanderer oder Radfahrer vom nahegelegenen Ruhrtalradweg hierher. Aber die meisten Gäste kommen gezielt – auch von weiter weg – und reservieren vorher.

Die ersten Jahre waren anstrengend, privat blieb wenig Zeit – nicht mal zum Streiten. Der Aufbau des Cafés war ein Fulltime-Job, zusätzlich pendelten sie zu Beginn noch zwischen Dortmund und Rumbeck. Mittlerweile sind sie angekommen und gönnen sich bewusst freie Tage, um auch mal durchatmen zu können. Um Zeit für Freunde und den Hund zu haben oder um einfach mal rauskommen und ihre neue Heimat richtig kennenzulernen. Eines wissen sie aber jetzt schon: Zurück nach Dortmund möchten sie nicht mehr. Sie genießen die Vorzüge der Großstadt, wenn sie mal zu Besuch sind, leben möchten sie aber im Sauerland, nah an der Natur. Und wer weiß: Vielleicht kommt irgendwann noch ein zweiter, kleinerer Laden dazu, meint Benita – aber das ist noch Zukunftsmusik.

Was bleibt, ist das Gefühl, dass sich hier etwas bewegt. Benita und Michael beweisen, dass moderne Konzepte auch im Sauerland funktionieren – und dass es sich lohnt, mutig zu sein.