Gemeinschaft schaffen

Manchmal hat man es nicht leicht im Sauerland Anschluss zu finden. Jeder macht irgendwie sein Ding und hat seinen kleinen Kreis, in dem er sich wohlfühlt. Eine Institution, die eigentlich immer für Gemeinschaft stand, ist die Kirche. Nur ist die vielerorts einfach nicht mehr attraktiv, wirkt verschlafen und wenig attraktiv – vor allem für Familien und Kinder. Tobbe ist einer, der weiß, dass das auch anders geht und setzt sich dafür ein, Menschen durch den Glauben wieder zusammenzubringen.

Geboren wurde Tobbe zwar im Saarland, vom Saarland ins Sauerland sind es jedoch nur ein zusätzlicher und ein ausgetauschter Buchstabe. Tobbes Weg verlief dennoch etwas kurvenreicher. Den Großteil seiner Kindheit und Jugend verbrachte er vor allem in Hohenlimburg ganz an der Schwelle zwischen Ruhrpott und Sauerland. Als sein Vater nach Meschede zog, um dort als Pastor in der evangelischen Freikirchen-Gemeinde zu arbeiten, ging Tobbe mit und begann seine Ausbildung als Erzieher in Olsberg. Zuvor hatte er zwar bereits eine Industriemechaniker-Ausbildung abgeschlossen, aber schon währenddessen gemerkt: Das ist nichts für mich! Er wollte in den sozialen Bereich. In der Gemeinde war er schon früh ehrenamtlich engagiert und daraus erwuchs der Wunsch, sich auch im Hauptberuf für Menschen einzusetzen.

Mit abgeschlossener Ausbildung ging es jedoch schnell raus aus dem Sauerland – nach Woltersdorf bei Berlin. Kurz vor dem Umzug lernte er noch seine Frau in einem Zeltlager kennen. Die lebte allerdings 500 Kilometer entfernt von Woltersdorf in der Nähe von Frankfurt am Main. Nach zwei Jahren wurde geheiratet und Tobbe zog in den Taunus. Als Kind Nummer 1 unterwegs war, sollte eine neue Stelle her – am liebsten hauptamtlich in einer Gemeinde. Und so ging es endlich wieder etwas näher Richtung Sauerland, ins Bergische, genauer nach Solingen, wo Tobbes Frau aufgewachsen war. Nach zwei Jahren als Jugendreferent wechselte er die Stelle und erlebte als Programmleiter in einem Freizeithaus der Gemeinde mitten im Wald eine sehr intensive und schöne Zeit bei der Betreuung von Klassenfahrten und Ferienfreizeiten. Doch dann war Kind Nummer 2 da und wieder stand eine Veränderung an: Zurück ins Sauerland.

In Meschede begann Tobbe wieder als Jugendreferent zu arbeiten – in der Freikirche, in der auch sein Vater arbeitete. Sechs Jahre hatte er viel Spaß bei der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, aber irgendwann ist man in einem Alter, in dem man diese Aufgabe an einen Jüngeren übergeben muss. Und so ging es stattdessen an der Offenen Ganztagsschule in Velmede weiter, direkt um die Ecke und mit vielen bekannten Gesichter – ein echtes Geschenk.

Der Glaube ist für Tobbe ein ganz wichtiger Bestandteil seines Lebens. Für ihn ist es das, was ihn antreibt, das, was ihn auch in seiner Arbeit führt – auch jetzt noch, wenn er nicht mehr hauptberuflich in der Gemeinde arbeitet. Neben seiner Arbeit in der OGS will er daher auch in der Freizeit nicht untätig bleiben und in seiner Wahlheimat mithilfe seines Glaubens etwas bewegen.

Viele verbinden das Sauerland immer noch mit einer eher christlichen, vor allem katholischen Prägung. Aber ist das immer noch so? Schaut man sich um, dann haben viele Menschen nicht mehr sehr viel mit der Kirche am Hut – außer vielleicht an Weihnachten oder wenn es dann ans Heiraten geht. Auch Tobbe bekommt das natürlich mit – und möchte genau das ändern.

Ihm geht es nicht unbedingt darum, Menschen in die Gemeinde zu bringen, sondern darum, Orte zu schaffen, wo Menschen in Liebe angenommen werden. Die Kirche kann und sollte ein solcher Ort sein wo sich Familien wohlfühlen und wirklich etwas passiert. Tobbe wünscht sich mehr Vielfalt, gar nicht nur im Unterhaltungsangebot, sondern im Persönlichen. Es gibt Orte, an denen er merkt, dass die Menschen mit Leidenschaft bei der Sache sind und echter Glaube gelebt wird. Die Freikirche in Meschede geht da schon mit gutem Beispiel voran: Hier sind viele Kinder und Jugendliche bei den Gottesdiensten dabei und gestalten sie aktiv mit, es gibt eine Band mit Schlagzeug und eine familiäre Atmosphäre. Nach den Gottesdiensten bleibt der Großteil der Menschen noch ein paar Stunden da, trinkt Kaffee, isst gemeinsam zu Mittag, die Kinder spielen – ganz so, wie Tobbe sich das vorstellt. Glaube ist für ihn etwas, das man zusammen erlebt.

Um Menschen zu erreichen und ihnen diese Gemeinschaft zu zeigen, hat er ein ganz besonderes Projekt geplant. Er möchte rausgehen, auf die Menschen zu gehen, anstatt vergeblich zu warten, dass sie in die Gemeinde kommen. Von seiner ehemaligen Gemeinde in Solingen hat er einen Anhänger geschenkt bekommen, mit dem er dieses Jahr im Sauerland losziehen möchte. Ausgerüstet mit Fotobox, XXL-Jenga, -Heißem Draht und -Kugelbahn und einem Haufen Legosteine geht’s raus auf die Straße und auf öffentliche Plätze. Die Spielaktionen richten sich in erster Linie natürlich an die Kinder, aber auch mit den Eltern möchte Tobbe so bei einem Kaffee ins Gespräch kommen. Er möchte zeigen, dass Gott kein versnobter alter Opa ist, dass Kirche auch Spaß machen kann und der Glaube ganz viel Gutes mit sich bringt. Und das aber eben ganz niederschwellig und ohne den Menschen etwas andrehen zu wollen. Tobbe möchte für die Menschen da sein und eine Gemeinschaft anbieten – entscheiden kann dann jeder selbst, ob er das möchte oder nicht.