Heimspiel

Auf dem Land kennt jeder jeden. Man grüßt sich, wenn man sich auf der Straße trifft. Jeder weiß, welchen neuen Freund Stratmanns Anna jetzt schon wieder angeschleppt hat. Die älteren Leute sagen zu dir: „Ach, ich weiß noch, als du mir noch bis zur Kniekehle gereicht hast. Mensch, was warst du damals süß.“ Das kann einengen und nicht wenige suchen nach dem Schulabschluss erstmal die Anonymität. Gerade von Menschen, die in den vielen kleinen Dörfern und Ortschaften des Sauerlandes aufgewachsen sind, höre ich das.

Die Anonymität der Stadt klingt verlockend, entspannt, man kann tun, was man will, ohne dass es gleich von den Nachbarn, Verwandten und allen anderen, die meinen ihren Senf dazutun zu müssen, bewertet und vielleicht sogar verurteilt wird. Schnell ist man in einer Schublade gefangen und nicht jedem fällt es leicht, da wieder rauszukommen. Mancher verharrt dort und macht eben das, was die anderen von einem erwarten. Das Man-kennt-sich-eben kann aber natürlich auch Vorteile haben. Abgesehen von der letzten Prise, die es wohl für das perfekte Heimatgefühl braucht, auch im Beruf.

Das erzählt mir auch Miriam, die vor einem Jahr zurück ins Sauerland kam. Im Gepäck der Plan, sich selbstständig zu machen. Es ist spannend, sich mit ihr zu unterhalten. Denn auch ich habe zur selben Zeit einen ähnlichen Schritt gewagt. Und auch ich bin für die Arbeit noch viel im Sauerland unterwegs. Dass ich damit tatsächlich meinen Heimvorteil nutze, auch wenn ich im Moment woanders lebe, war gar nicht so geplant. Für Miriam hingegen war es von vornherein klar: Wenn sie sich selbstständig macht, dann nur im Sauerland! Ganz verständnislos schaute sie ihre Mainzer Freunde an, als die sie fragten, wieso sie für diesen Schritt denn nach so vielen Jahren wieder zurück in die Heimat müsse. Miriam hat das gar nicht mal in Erwägung gezogen, für dieses neue Kapitel ihres Lebens in Mainz zu bleiben, obwohl sie die Stadt sehr liebt. Sie wusste sogar schon ganz genau, welche Räume sie für ihre Selbstständigkeit im Sauerland nutzen wollte.

Ihre Eltern, sicherheitsliebend wie die Sauerländer und überhaupt Eltern nun einmal häufig sind, freuten sich natürlich darüber, dass Miriam ins heimatliche Züschen zurückkehren wollte, schlugen aber vor, dass sie sich doch eher eine Festanstellung suchen sollte. Miriam wollte sich jedoch den Traum der Selbstständigkeit erfüllen. Denn die Vorteile, die diese mit sich bringt, sind durchaus verlockend, auch wenn man die Nachteile und eventuelle Stolpersteine zumindest im Hinterkopf behalten sollte. Wenn nicht jetzt, wann dann, dachte sich Miriam. Und wenn nicht im Sauerland, wo sonst? Von ihren Plänen abhalten lassen, wollte Miriam sich auf keinen Fall und machte sich direkt daran, dass sie die Zusage für die Räume bekam, die sie sich erträumt hatte – dank Sauerländer Connections konnte dieser Punkt schon bald abgehakt werden und dann ging es los: Immer mit voller Kraft voraus – eine echte Sauerländerin eben.

Miriam ist sich sicher, dass sie in Mainz, einer Stadt, in die sie zunächst für eine Ausbildung und anschließende Festanstellung bei der VRM zog und ihr sogar noch treu blieb, als sie einen Job bei der FAZ in Frankfurt bekam, eine viel schwierigere Ausgangsposition für ihre Selbstständigkeit gehabt hätte. Zwar kann sie ihre Kunden ganz wunderbar digital von überall betreuen und hat inzwischen auch einige Kunden im Rhein-Main-Gebiet, aber die meisten waren doch über Mundpropaganda auf sie aufmerksam geworden: „Ach, die Miriam ist wieder da und hat sich selbstständig gemacht? Dann schauen wir doch mal, was sie so draufhat und geben ihr den nächsten Auftrag.“ Man kennt sich eben, die Vernetzung ist eine ganz andere im Sauerland. Eine natürliche Vertrauensbasis besteht alleine aufgrund der Gemeinsamkeit, dass man Sauerländer Wurzeln hat. Und da Miriam die Aufträge natürlich immer schnell und zur vollsten Zufriedenheit erledigt, spricht sich eben rum, dass da in Züschen eine Rückkehrerin sitzt, die frischen Wind und neue Ideen mitgebracht hat.

Ein echtes Heimspiel also für Miriam. Und sicher ist sie nicht die einzige, die das erkannt und diese Chance bereits erfolgreich wahrgenommen hat und sicher gibt es noch viel mehr, die diese Chance erfolgreich wahrnehmen könnten. Vielleicht haben viele gar nicht auf dem Schirm, wie sie ihren Heimvorteil nutzen können, wenn sie den Wunsch haben, zurückzukehren. Vielleicht denken sie: Aber ich kenn doch kaum jemanden oder vor allem niemanden, der die Fähigkeiten, die ich mitbringe, brauchen könnte. Aber ist das wirklich so? Kennt man in der Stadt nicht noch viel weniger Menschen und weiß erst recht nicht, wo man anfangen soll? Ist in diesem Fall die sonst manchmal so bequem scheinende Anonymität nicht eher hinderlich? Und vielleicht reicht es ja, wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt, was eben auf dem Land noch viel wahrscheinlicher ist, als in einer Großstadt oder generell fernab der Heimat. Dabei muss es ja auch gar nicht um eine Selbstständigkeit gehen. Dabei kann es auch um jeden anderen Job, um eine Wohnung oder ein Haus oder was auch immer man im Sauerland zu finden wünscht, gehen.

Vielleicht muss man einfach mal in sich horchen und überlegen, ob man nicht selbst den Heimvorteil für sich nutzen kann – und will. Und wenn man am Ende wirklich zu dem Schluss kommt, dass man niemanden mehr in seiner Heimat hat, aber trotzdem zurückgehen möchte, ja, dann gibt es nette Menschen, wie die von Heimvorteil HSK, die einem unter die Arme greifen und bei der Rückkehr unterstützen. 😉