In meinen Gesprächen mit Sauerländerinnen und Sauerländern bemerke ich immer wieder, dass darunter viele sind, die etwas Eigenes auf die Beine stellen wollen. Die gerne anpacken und Dinge wagen. Die gerne ausbrechen aus der 9-to-5-am-Schreibtisch-Arbeitswelt. Einer dieser Menschen ist auch Sabrina. Die 33-jährige Freienohlerin hat sich in ihrer Heimat als Goldschmiedin selbstständig gemacht.
Der Grundstein für Sabrinas Leidenschaft wurde schon früh gelegt. Schon ihre Eltern waren sehr kreativ. Und so wurde im Elternhaus gemeinsam gebastelt, gewerkelt und gezeichnet. All das, was sie heute auch für ihr Handwerk braucht. Für ihr erstes Schulpraktikum fand sie keinen Platz in einer Goldschmiede. Stattdessen ging es in den Kindergarten. Erzieherin, das könnte doch auch was sein, oder? Eher nicht. Spätestens nach dem zweiten Praktikum, das sie diesmal endlich in einer Goldschmiede in Arnsberg machen konnte, wusste sie: Es muss etwas Handwerkliches sein. Es muss etwas sein, das sie morgens anfängt und wo sie abends sieht, dass sie etwas getan hat.
Doch Goldschmiedin ist kein Beruf, den man an jeder Ecke lernen kann. Doch Sabrina hatte das Glück, in genau der Goldschmiede, in der sie schon das Praktikum gemacht hatte, auch ihre Ausbildung machen zu können. Dann ging es jedoch erst einmal raus aus dem Sauerland – Richtung Süden nach Pforzheim, in die Goldstadt. Dort findet sich nämlich die einzige Meisterschule für ihren Beruf. Tatsächlich hätte sie sich auch gut vorstellen können, erst einmal dortzubleiben. Aber Stellenagebote für Goldschmiede sind eben rar und so ging es stattdessen wieder zurück in die Heimat. Und da machte Sabrina einfach schnell Nägel mit Köpfen – oder vielleicht Ringe mit Edelsteinen in ihrem Fall: Das Nebengewerbe wurde angemeldet und eine kleine Werkstatt eingerichtet, zunächst noch bei sich zuhause. Nach drei Jahren wurde ihr das aber zu eng und ihre Kunden im Wohnzimmer oder in der Küche zu empfangen, war nicht das, was sie sich vorstellte. Wie das so ist im Sauerland: Sobald jemand auf der Suche nach etwas ist, dann ist Hilfe schon zur Stelle. Und so dauerte es nicht lange, bis Sabrina von einem Ladenlokal erfuhr, das gerade in Freienohl freigeworden war. Mit Unterstützung der Familie, die voll hinter Sabrina und ihrem Handwerk steht, war die neue Werkstatt schnell eingerichtet. Zunächst öffnete Sabrina nur ein paar Tage die Woche, doch mit der Zeit sprach sich immer mehr herum, was die junge Sauerländerin an ihren Werktischen zaubern konnte. Die älteren Kunden waren anfangs noch skeptisch, ob sie einer so jungen Frau ihren Schmuck anvertrauen können, aber Sabrina machte schnell klar: Sie kann!
Sabrina ist froh, dass sie sich im Sauerland selbstständig gemacht hat. Sicherlich hätte das auch in einer Großstadt funktioniert. Aber da muss man sich erst einmal sehr mühsam einen Namen machen, es geht vielleicht langsamer voran, bis man sich bewiesen hat, weil viel weniger über Empfehlungen läuft. Die Konkurrenz ist größer. Vor allem gibt es dort auch viele Juweliere und oft wissen die Menschen nicht, was der Unterschied ist. Dass Juweliere fertigen Schmuck verkaufen, eventuell einen Goldschmied für Reparaturen im Haus haben, aber das, was Sabrina macht, das ist echte Handwerkskunst. Da werden die Materialien selbst eingeschmolzen und ganz individuelle Wünsche erfüllt. Erbstücke, wie die alte Brosche von Oma, wird zu einem Ring umgearbeitet, damit sie nicht nur rumliegt, sondern auch jemandem anderen Freude bringt. So etwas ist auch auf dem Dorf gefragt, aber natürlich gehört dazu auch Vertrauen. Und genau hier liegt die Stärke des Sauerlandes und eines kleinen Unternehmens. Sabrina kennt ihre Kunden, sie kann sie mit Namen ansprechen und manche kennt sie so gut, dass sie sofort weiß, was das nächste Stück werden soll. In der Großstadt wäre das wahrscheinlich anders.
Sabrina mag die Großstadt. Sie fährt ab und an gerne nach Hamburg, Münster gefällt ihr gut, aber eben nur als Besucherin. Sie weiß, dass sie einfach kein Stadtkind ist. Es ist laut und anonym. In Freienohl und im Sauerland dagegen hat sie ihren Mann, ihre Familie, es ist ruhig und gemütlich. Und sie hat ihr kleines Unternehmen, das ihr erlaubt, ihre Leidenschaft auszuleben. Immer wieder würde sie ihren Träumen nachgehen und das empfiehlt sie auch allen anderen: Wer etwas mit seinen Händen erschaffen will, der ist im Sauerland genau richtig. Und dort gibt es auch jede Menge Raum, um sich etwas ganz Eigenes aufzubauen.