Wann ist er da, der richtige Zeitpunkt, um wieder zurück in die Heimat zu gehen? Will man nur kurz fürs Studium weg und dann so schnell wie möglich wieder zurück in die Comfort Zone? Will man richtig raus in die große, weite Welt, neue Kulturen entdecken, fremde Düfte erschnuppern, andere Sprachen hören. Werden es am Ende gar viele Jahre, bis sich da auf einmal doch dieses seltsame Gefühl in der Brust rührt? Diese leise Stimme, die sagt: Vermisst du nicht was? Bist du wirklich da, wo du sein willst? Diese Stimme, die auf einmal immer lauter wird?
Bei Saskia dauerte es über 20 Jahre, obwohl von vornherein alle immer sagten, dass sie irgendwann zurückgehen würde. Aber es brauchte wohl eine Pandemie, um auch ihr deutlich zu machen, dass es nicht mehr die Großstadt ist, die sie erfüllt, sondern dass es die Wälder und Hügel des heimatlichen Sauerlandes sind, die sie vor zwei Jahrzehnten direkt nach dem Abi verlassen und gegen Köln eingetauscht hatte. Wenn man seinen Horizont erweitern möchte, dann ist Köln auf jeden Fall der richtige Ort. Für Saskia war es ein Ausbrechen aus ihrer Bilderbuchkindheit auf dem Land. Denn genau so eine hatte Saskia. Im Siegerland geboren, brachten ihre Eltern sie auf schnellsten Wege ins Sauerland – da ist es schließlich viel schöner. Als Kind zog es sie tagtäglich in den Pferdestall – wenn es für den Urlaub mal aus dem Sauerland rausgehen sollte, kullerten die Tränen. Doch mit der Pubertät ändern sich die Interessen, alles scheint zu eng und zu nah. Die Stadt riecht nach Abenteuer. Und das hat Saskia auch lange genutzt – und sich sauwohl gefühlt. Dass die Entscheidung nun doch so plötzlich kommen würde, zurück in die Heimat zu gehen, hat sie selbst überrascht.
Schon seit einigen Jahren kam ihr ab und an mal der Gedanke, dass sie es sich vorstellen könnte, wieder zurückzugehen. Konkret wurde es jedoch nie. Und das, obwohl ihr ganzer Körper schon förmlich danach schrie: Das Herz ging auf, ein paar Tränen blitzten in den Augen, sobald die ersten bewaldeten Hügel des Sauerlandes in Sicht waren. Durch die Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen wurde das nur noch verstärkt. Alles, was Saskia am Stadtleben so sehr und so lange genossen hatte, existierte auf einmal nicht mehr: ausgehen, raven, ewig in Bars versacken – all das war mit einem Schlag und auf unbestimmte Zeit einfach Geschichte. Das musste erstmal verdaut werden, aber als das geschehen war, wurden aus den negativen Gedanken positive: Endlich habe ich mal Zeit, mich nur auf mich selbst zu konzentrieren. Das war genau das, was sie zu dem Zeitpunkt brauchte. Und da wurde ihr bewusst, dass sie an der Stadt doch inzwischen so einiges gestört hatte: die Lautstärke, die Enge, beinahe beklemmend war das Gefühl. Es war nun eine andere Freiheit, die sie brauchte. Der Gedanke, aufs Land zu gehen, reichte jedoch erst noch gar nicht bis ins Sauerland. Land sollte es zwar sein, aber am liebsten ganz nah an Köln – damit sie schnell in der Stadt sein konnte und nicht ihr komplettes Leben auf den Kopf stellen muss – so der Plan.
Es brauchte ein paar Spaziergänge im Sauerland, bis sie sich endlich eingestand, was in ihrem Unterbewusstsein wohl schon lange schwelte: Das hier ist Zuhause! Ein bisschen verdrängen wollte sie es trotzdem noch, schließlich wäre das ja keine kleine Veränderung, zu der auch ein bisschen Mut gehört. Ein letzter Anstoß fehlte – und den bekam sie. Jemand stellte ihr die Frage: Horch doch mal wirklich in dich hinein, wo dein Zuhause ist? Was fühlst du? Ab da stand fest: Ja, es sollte wieder ins Sauerland gehen – komme, was wolle.
Einen letzten Sommer wollte sie Köln aber noch treu bleiben. Doch die Entscheidung war nun schon so manifestiert, dass sich alles gegen Köln sträubte – vor allem die Arbeit. Obwohl Saskia eigentlich gerne dort hinging, fiel es ihr auf einmal unheimlich schwer. Worauf wartete sie? Es gab gar keinen Grund, wieso sie noch einen Sommer warten sollte. Also jetzt oder nie! Job und Wohnung sind gekündigt – und dass, ohne etwas Neues in Aussicht zu haben. Mutig? Vielleicht. Vor allem ist Saskia jedoch eines: unglaublich positiv und mit einem Urvertrauen, dass schon alles gut gehen wird, ausgestattet, von dem man sich öfter mal eine Scheibe abschneiden könnte. Sie weiß einfach, dass es funktionieren wird, weil sie sich ohne Wenn und Aber sicher ist, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat, dass das der richtige Weg ist, dass das Universum schon etwas für sie vorgesehen hat. Alles wird sich fügen. Und je länger ich Saskia zuhöre, deren Augen so unglaublich strahlen, bin ich mir auch ganz sicher: Manchmal muss man einfach „all-in“ gehen und nicht lange nachdenken, sondern einfach machen, um seinem Glück ein wenig auf die Sprünge zu helfen.
Und da auch du auf diesem Blog gelandet bist, scheint sich auch bei dir schon diese kleine Stimme gemeldet zu haben, die fragt: Vermisst du nicht was? Vielleicht ist sie sogar schon ganz laut geworden. Wann ist für dich der richtige Zeitpunkt? Ich bin mir sicher: Du wirst es merken.